Checklisten zur Eigensicherung
Auszug aus Kapitel 4
Die nachfolgenden Checklisten zur Eigensicherung sollen/können nur ein Anhalt für richtiges Verhalten sein, da es unzählige Situations-Varianten gibt und das Verhalten der jeweiligen Lage entsprechen muss.
Situationsbezogene Eigensicherungs-Checklisten kann es demnach gar nicht geben, da sie sich wiederholende – gleiche – Einsatzsituationen voraussetzen.
Kein Einsatz gleicht dem anderen. Die Checklisten sollten daher nur so verstanden werden, dass sie mögliche Überlegungen und Tätigkeiten enthalten, so dass sie von dem Beamten als Gedächtnisstütze genutzt werden können. Eigensicherung wird er situationsgerecht seinen Fähigkeiten, seinem Wissen und Können, seiner Findigkeit und seinem Geschick entsprechend eigenverantwortlich zu betreiben haben, wobei Basis nur ein adäquater Eigensicherungssinn sein kann, der zu einer entsprechenden Erwartungshaltung zwingt.
Eigensicherung ist eine Frage des Willens, der Motivation
Obwohl in den Checklisten z.T. mit aufgeführt, ist vor jedem Einsatz/Einschreiten (egal, ob nach Auftrag oder aufgrund eigener Wahrnehmungen/eigenen Entschlusses) zu beachten, dass die allgemeinen Eigensicherungsgrundsätze (s. Kapitel 3) als die eigentlichen Garanten für die eigene Sicherheit und die der Kollegen berücksichtigt werden.
Da insgesamt grundsätzlich nach dem (Deeskalierenden) Einsatzmodell (siehe 2.7) vorzugehen ist, was bedeutet, dass der Einsatz in die Phasen:
- 1. Vorbereitung
- Mentale Einsatzvorbereitung = ME (Einstimmung)
- Kollektive Instruktion = KI
- Positive Selbstinstruktion = PSI (Absprache)
- 2. Aktion
- 3. Nachbereitung
zu unterteilen ist, wurden, um die Bedeutung der Mentalen Einsatzvorbereitung (= Einstimmung), der kollektiven Instruktion und der positiven Selbstinstruktion, d.h., der Vorbereitungsphase des Einsatzmodells, zu unterstreichen, die Buchstaben ME = Mentale Einsatzvorbereitung, KI = Kollektive Instruktion und PSI = Positive Selbstinstruktion an entsprechender Stelle der Checklisten folgendermaßen hervorgehoben:
ME – KI – PSI
4.1 Allgemeine Grundsätze
[…]
4.2 Streifentätigkeit
[…]
4.3 Einsatzfahrten
[…]
4.4 Anhalten von Fahrzeugen (aus der Fahrt)
ME – KI – PSI
a) Kennzeichen bei der Datenstation überprüfen – gestohlen?
b) Lagebeurteilung (Absprache/Wahl des Anhalteortes, Vorgehen, Sicherung)
c) Überholvorgang (niemals in gefährlichen, unübersichtlichen Lagen) – s. Anmerkung zu g)
d) Frühzeitige Anhaltezeichen mit dem beleuchteten Anhaltestab (bereits von rückwärts, schon durch die Windschutzscheibe, dann von der Seite: rechtzeitig, eindeutig, deutlich). Bei Zivilfahrzeugen evtl. schon mit dem aufs Armaturenbrett gehaltenen Blaulicht aufmerksam machen (Insassen beobachten, Blickkontakt mit dem Fahrer suchen, Feststellung Anzahl, Sitzordnung, Alter, Geschlecht, Verhalten der Insassen)
e) Rammen, Abdrängen, herausgeworfene Gegenstände einkalkulieren
f) Überholvorgang auf gleicher Höhe abbrechen, zurückfallen lassen (wenn Anhaltezeichen verstanden sind/scheinen)
g) Hinter dem Fahrzeug anhalten (Absicherung durch Warnblinkanlage, Blaulicht- wenn vorhanden?) – s. Anmerkung w.u.
h) Ständige Beobachtung der Insassen (Sitzordnung, Fahrerwechsel, Verhalten)
i) Nachts Scheinwerfer aufblenden
j) Abmelden – den FuStKw gleichzeitig verlassen (ein Beamter sichert, der andere kontrolliert absprachegemäß)
k) Kontrolle – von hinten an die Beifahrertür treten (Gehwegseite/nicht von der Fahrbahnseite aus), seitlich dahinter mit Abstand verharren (Türaufschlagen einkalkulieren), Insassen ständig beobachten (Hände! das Beobachten der Hände macht gleichzeitig die Aufmerksamkeit und Bereitschaft zur Reaktion deutlich), um Ausstellen des Motors/Einschalten der Innenbeleuchtung bitten, bei Nichtbefolgung hineinleuchten (nicht belästigend/nicht blenden: die Hände müssen zu sehen sein, s.o.), nicht in den Wagen hineinbeugen oder -greifen, nicht einsteigen (Lkw), nicht in die Schusslinie des Sichernden kommen, nicht vor oder hinter das Fahrzeug treten, um „Papiere“ zu überprüfen, Schusshand freihalten, Personen evtl. einzeln aussteigen lassen.
Vermerk: Ziel des Einsatzes sollte die Kontrolle von der Fahrerseite aus sein, da diese Art der Kontrolle sehr viel einfacher und unkomplizierter durchzuführen ist. Sie beinhaltet aber zu viele Unwägbarkeiten (Breite der Fahrbahn, des Fahrstreifens, Abstellort, Abstellposition, Möglichkeit des versetzenden Abstellens des FuStKw, davor oder dahinter?, Verkehrsdichte etc.), als dass nach dem Anhalten sofort auf die Fahrerseite zugesteuert werden sollte. Der Streifenwagen muss dabei so weit versetzt zur/über die Mittellinie stehen (der Angehaltene so weit an der Bordsteinkante/am Fahrbahnrand), dass tatsächlich nicht nur eine Sicherheitszone für die Kontrolle zur Verfügung steht, sondern auch ein gewisser zusätzlicher Raum, der ein Zurückweichen bei automatischen Reaktionen – z.B. beim Angespucktwerden durch den Fahrer – zulässt. Bei der Kontrolle sollte also zunächst einmal von einer Überprüfung von der Beifahrertür ausgegangen werden, es sei denn, die Umstände sind so günstig, dass…
l) Sicherung – der andere Beamte sichert: Waffe in der Hand/im Zielanschlag – auf jeden Fall Waffengriff in der Hand (aufmerksame Sicherungshaltung) – Standort schräg hinter dem Fahrzeug von der Gehwegseite aus (evtl. gedeckt), beobachtet Insassen (wenn möglich, die Hände?), achtet auf Anhänger / Schlafkabinen / Campinganhänger/ Rückfahrscheinwerfer – ebenfalls auf Umgebung/ verdächtige Fahrzeuge/Personen; nicht ablenken lassen!
m) Muss vor dem zu kontrollierenden Fahrzeug gehalten werden, Insassen nach rückwärts beobachten, gleichzeitig aussteigen. Vorsicht! Ungünstige Position! Evtl. verbleibt zunächst ein Beamter zur Sicherung in Deckung vor dem FuStKw/Zielhaltung!? Der andere begibt sich aus dem Scheinwerferkegel zur Seite und nach hinten – nähert sich dem Fahrzeug wie oben unter l) oder übernimmt jetzt vielleicht die Sicherung – vielleicht aus einer Deckung nach dem Verlassen des Scheinwerferkegels, dann kommt der Kontrollbeamte nach. Nach Örtlichkeit (Parkplatz/verkehrsarme Straße) evtl. ausnahmsweise nach beiden Seiten den Streifenwagen und den Scheinwerferkegel verlassen, aber Vorsicht – fließender Verkehr ist nicht nur ablenkend und vor allem lebensgefährlich, er trennt auch.
n) Bei Missachtung der Haltezeichen – dies gilt für alle Verfolgungsfahrten – keine riskanten Überholmanöver, vor allem dann, wenn ein Überholversuch bereits durch Reaktionen des Verfolgten scheiterte.
o) Meldung mit Lage, Standort und Fahrtrichtung an ELst/LZ, bei dieser liegt die erforderliche direktive Führung, die Durchführung erforderlicher taktischer Maßnahmen, ihr obliegt auch die Anordnung, dass eine unmittelbare Verfolgung nur durch ein einziges, sog. Klettenfahrzeug erfolgt.
p) Sonderrechte/Wegerechte (Blaulicht/Einsatzhorn)
q) Verstärkung, Einkreisen, Sperren, Hubschraubereinsatz(?)
r) Ständige Standortmeldungen
s) Abbruch der Verfolgung, wenn zu riskant oder unverhältnismäßig (z.B. nur Ordnungswidrigkeit) – § 35 Absatz 8 StVO!
t) Nach Anhalten mit Fernlicht blenden, evtl. mit mehreren FuStKw, Fahrzeuge als Deckung benutzen, per Außenlautsprecher Fahrzeuginsassen auffordern, einzeln auszusteigen, Hände vor den Augen zusammengefaltet/Handflächen nach vorn, vom Fahrzeug trennen/in ungünstige Lage dirigieren, danach Fesselung? Durchsuchung, Überprüfung, Transport?
Anmerkung zu g): Ein Anhalten hinter dem zu kontrollierenden Fahrzeug entspricht dem Eigensicherungsgedanken, nämlich jedes Einschreiten so risikolos wie möglich zu machen, d.h., bei Anhaltevorgängen Überholmanöver zu vermeiden, vor allem aber die taktisch günstigste Position einzunehmen, bzw. zu wahren. Ob sich ein solcher Anhaltevorgang in jeder Situation verwirklichen lässt, ist fraglich.
Funkstreifenwagen sind mit einer speziellen Dachsignalanlage ausgerüstet. Diese Anlage besteht aus zwei blauen Rundumleuchten mit einer dazwischen befindlichen Signalleiste, die aus einem Anhaltesignalgeber mit einem nach vorn wirkenden blinkenden Schriftzug: STOP POLIZEI und einem nach hinten wirkenden blinkenden Schriftzug: BITTE FOLGEN besteht.
Der nach vorn wirkende Anhaltesignalgeber bietet die Möglichkeit (aus Eigensicherungsgründen: Verpflichtung!) – evtl. i.V.m. der Lichthupe, zu kontrollierende/anzuhaltende Fahrzeuge ohne Überholmanöver zu stoppen und in der taktisch günstigeren Position (also dahinter) zu bleiben. Ist die vom Verkehrsteilnehmer letztlich gewählte Anhaltestelle (Nicht zu dicht auffahren! Mit abrupten Reaktionen rechnen! Immer Sicherheitsabstand!) ungeeignet, kann das Fahrzeug – allerdings unter der Voraussetzung, dass überholt wird und eine ungünstige Position (also davor) eingenommen wird – mit dem Signalgeber BITTE FOLGEN zu einer günstigeren Stelle dirigiert werden (evtl. auch von hinter dem Fz auffordern und dirigieren per Lautsprecher).
Ist ein Funkstreifenwagen (Zivilfahrzeug) nicht mit einem entsprechenden Signalgeber ausgerüstet, sollte nach Möglichkeit wie unter d), f) und g) beschrieben, verfahren werden.